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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.07.2008
Aktenzeichen: 1 Bs 91/08
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, VerpackVO, EG
Vorschriften:
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 Satz 1 | |
KrW-/AbfG § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 | |
KrW-/AbfG § 16 Abs. 1 | |
VerpackVO § 6 Nr. 1 Anhang I | |
EG Art. 29 | |
EG Art. 82 |
Der gewerblichen Altpapiersammlung in sog. blauen Tonnen stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG entgegen, wenn die Sammlung die Funktionsfähigkeit eines flächendeckenden Systems zur regelmäßigen, haushaltsnahen Erfassung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton gemäß § 6 Abs. 3 VerpackVO dadurch gefährdet, dass dem System Verkaufsverpackungen entzogen werden und die Betreiber deshalb nicht mehr die vorgeschriebenen Verwertungsquoten nachweisen können.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Schulz sowie die Richterin Walter am 8. Juli 2008 beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 23. April 2008 wird aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1. April 2008 gegen die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin betreffend die gewerbliche Sammlung (Erfassung/Verwertung) von Altpapier aus privaten Haushaltungen vom 31. März 2008 wieder herzustellen, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für das Beschwerdeverfahren.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 100.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin zeigte mit Schreiben vom 20. März 2008 bei der Antragsgegnerin an, dass sie beabsichtige, ab dem 1. April 2008 gewerblich gemischtes Altpapier aus privaten Haushaltungen unter Einsatz von Altpapierbehältern ("blauen Tonnen") im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg durchzuführen. Mit Verfügung vom 31. März 2008 untersagte die Antragsgegnerin daraufhin die gewerbliche Erfassung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushaltungen unter Einsatz von Altpapierbehältern im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg. Außerdem ordnete sie die sofortige Vollziehung an und setzte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000,-- Euro fest.
Der hiergegen beim Verwaltungsgericht Hamburg eingereichte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hatte Erfolg. Die Antragstellerin könne sich für die Zulässigkeit der von ihr beabsichtigten Altpapiersammlung auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705) berufen. Nach dieser Rechtsvorschrift bestehe die Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG nicht für solche Abfälle, die durch gewerbliche Sammlungen einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt würden, soweit dies den öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werde und nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Die Erfassung von Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels sogenannter blauer Tonnen durch die Antragstellerin sei eine gewerbliche Sammlung im Sinne dieser Vorschrift. Die schadlose Verwertung durch die Antragstellerin sei nicht zweifelhaft. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen.
II.
Die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sind zulässig. Sie haben in der Sache Erfolg. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die grundlegenden Annahmen des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin sich für die Zulässigkeit der von ihr beabsichtigten Altpapiersammlung auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG berufen könne, mit gewichtigen Argumenten in Zweifel gezogen. Damit ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, ohne die Beschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO über die Beschwerde zu entscheiden. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die von der Antragstellerin mit Widerspruch angefochtene Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen, nicht abschließenden Überprüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig (A). Eine Abwägung der Interessen der Beteiligten gebietet nicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (B). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden (C).
A
Die angefochtene Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin erweist sich bei der Prüfung im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als rechtmäßig. Sie ist zutreffend auf § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG gestützt (1.). Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG mit der Erfassung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten mittels sogenannter blauer Tonnen durch die Abfallbesitzer beauftragt worden sei (2.). Zutreffend verweist die Antragsgegnerin auch darauf, dass die Überlassungspflicht von Altpapier aus privaten Haushalten der Beigeladenen gegenüber nicht gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG ausgeschlossen sei (3.). Gegen die Annahme einer fortbestehenden Überlassungspflicht hinsichtlich des in privaten Haushalten anfallenden Altpapiers bestehen keine europarechtlichen Bedenken (4.).
1. Die Antragsgegnerin hat sich für ihre Untersagungsverfügung zutreffend auf § 21 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG gestützt. Auch wenn die Antragstellerin nicht Erzeugerin und Besitzerin der hier fraglichen Papierabfälle zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ist, veranlasst sie durch das Werben um Überlassung dieser Abfälle an sie und das Aufstellen von blauen Tonnen bei den Abfallbesitzern, dass diese ihre Überlassungspflicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG gegenüber der Beigeladenen verletzen. Damit ist die Antragstellerin Zweckveranlasserin dieser Rechtsverletzung und kann von der Antragstellerin im Rahmen der Durchführung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Wege einer Unterlassungsverfügung herangezogen werden.
2. Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass sie von den Besitzern von Papierabfällen aus privaten Haushaltungen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG mit der Verwertung dieser Abfälle beauftragt worden sei. Zwar dürfte es nicht fern liegen, ein vertragliches Verhältnis zwischen der Antragstellerin auf der einen Seite und den Abfallbesitzern, die sich zur Entledigung ihrer Papierabfälle der blauen Tonnen der Antragstellerin bedienen, andererseits anzunehmen, das auch als Beauftragung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG eingeordnet werden kann. Denn auch wenn ein schriftlicher Vertragsschluss bei der Aufstellung der blauen Tonnen nicht vorgesehen ist, hat die Antragstellerin dargelegt, dass sie überwiegend diese Tonnen nur auf Bestellung ausliefere. Aber auch soweit die blauen Tonnen von den Abfallbesitzern ohne vorherige Bestellung von den öffentlichen Gehwegen in den eigenen Herrschaftsbereich übernommen worden sind, deutet das darauf hin, dass diese Abfallbesitzer das Angebot der Antragstellerin, die in den blauen Tonnen gesammelten Papierabfällen ordnungsgemäß und in regelmäßigen, zugesagten Abständen zu entsorgen, angenommen haben. Dies spricht für eine vertragliche Beziehung, die als Auftrag gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG gedeutet werden kann.
Damit verstoßen die Abfallbesitzer aber gegen die in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG normierte Pflicht zur Überlassung der Abfälle an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. In Abweichung vom Verursacherprinzip, das in § 5 Abs. 2 Satz 1 und § 11 KrW-/AbfG normiert ist, sind bei Abfällen aus privaten Haushaltungen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Entsorgung und Verwertung verantwortlich. Als Ausnahme von diesem Grundsatz räumt § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG den privaten Haushaltungen das Recht zur eigenen Verwertung ein, soweit sie das wollen und soweit sie hierzu in der Lage sind. Der Gesetzgeber hat für diese Ausnahme speziell an die Möglichkeit der Eigenkompostierung gedacht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2000, BVerwGE 112, 297). Mit dieser Regelung knüpft das Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz für Abfälle aus privaten Haushaltungen im Wesentlichen an die bisherige Rechtslage an. Abweichend von den Regelungen in § 5 Abs. 2 Satz 1 und § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG obliegt den Erzeugern und Besitzern von Abfällen aus privaten Haushaltungen nicht die Pflicht zur Verwertung oder Beseitigung selbst. Die Entsorgung und Verwertung solcher Abfälle ist auf zwei Verantwortliche verteilt. Die Erzeuger oder Besitzer müssen diese Abfälle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben sodann die in ihrem Gebiet anfallenden und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG zu verwerten oder zu beseitigen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 25.8.1999, NVwZ 2000, 71). § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG statuiert demnach für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen in Abweichung von den §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 KrW-/AbfG keine eigene Pflicht zur Verwertung oder Beseitigung, sondern räumt ihnen, soweit sie zur Verwertung in der Lage sind und dieses auch beabsichtigen, das Recht ein, die Verwertung selbst vorzunehmen. Die Grundpflichten der Abfallerzeuger und Abfallbesitzer verwandeln sich bei Haushaltsabfällen in eine Überlassungspflicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007, DVBl. 2008, 317). Damit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beauftragung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nicht vor. Denn diese Beauftragung setzt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift eine Verpflichtung zur Verwertung oder Beseitigung voraus, die für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen gerade nicht besteht.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin, die sich insofern auch auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 22. April 2008 (4 LB 7/07) beruft, vermag der Senat dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz KrW-/AbfG nicht zu entnehmen, dass die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich für die Verwertung dieser Abfälle auch privater Dritter bedienen dürfen. Schon der Wortsinn der im letzten Halbsatz des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG eröffneten Ausnahmen, "soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen", deutet darauf hin, dass mit "sie" die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen, das Subjekt des Hauptsatzes, selbst gemeint sind, die nur dann von der Überlassungspflicht befreit sind, wenn sie zu einer eigenen Verwertung in der Lage sind und die Verwertung auch beabsichtigen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.6.2003, NordÖR 2004, 36; VGH Mannheim, Urt. v. 27.7.1998, NVwZ 1998, 1200).
Die Systematik des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG kann auch nicht dahingehend verstanden werden, dass die Pflichten aus §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 11 Abs. 1 KrW-/AbfG für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen grundsätzlich bestehen bleiben und daher einer Verwertung der Abfälle durch Dritte nichts entgegensteht. Denn eine solche Betrachtung übersieht das Verhältnis zwischen § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG und § 13 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 KrW-/AbfG sowie § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG. Der Erlaubnis zu gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 KrW-/AbfG bedürfte es nicht, wenn die Abfallbesitzer schon nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ihre Abfälle mit Hilfe Dritter verwerten dürften. Denn die Abfallbesitzer, die nach Auffassung der Antragstellerin gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG zur Entsorgung verpflichtet bleiben, können ihre Abfälle über Dritte nur mit Hilfe einer Beauftragung Dritter nach § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG verwerten. Eine solche Beauftragung wäre auch (konkludent) im Falle von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen anzunehmen. Denn eine Überlassung des Abfalls zur Verwertung an diese Sammlungen wäre wegen der fortbestehenden Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Verwertung von Abfällen aus privaten Haushaltungen rechtmäßig nur dann möglich, wenn die Sammelnden von den Abfallbesitzern und Erzeugern mit der Erfüllung der diesen obliegenden Verpflichtungen beauftragt würden. Gestalteten sich mithin Sammlungen gewerblicher aber auch gemeinnütziger Art lediglich als Unterfall der Beauftragung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, ergäbe sich für § 13 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 KrW-/AbfG kein sinnvoller Anwendungsbereich: Eine Überlassungspflicht, von der eine Ausnahme zugelassen werden müsste, bestünde ohnehin nicht. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber für § 13 Abs. 3 Nr. 2 und 3 KrW-/AbfG keinen Anwendungsbereich vorgesehen hat, muss bei der Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG darauf Rücksicht genommen werden. Dies lässt im Rückschluss eine Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz KrW-/AbfG, die Erzeugern oder Besitzern von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Verwertung dieser Abfälle durch Dritte ermöglicht, als mit der Systematik des § 13 Abs. 3 Nr. 2 und 3 KrW-/AbfG unvereinbar erscheinen.
Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift dafür, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG es den Abfallerzeugern und -besitzern nicht erlaubt, ihre Haushaltsabfälle durch Dritte verwerten zu lassen. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 12/5672) sah in § 9 Abs. 1 Satz 1, der Parallelvorschrift zu § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG in der geltenden Fassung, vor, dass Rückstände aus privaten Haushaltungen den entsorgungspflichtigen Körperschaften zu überlassen sind, soweit eine Verwertung durch den Überlassungspflichtigen nicht möglich oder beabsichtigt ist. Der Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz und Reaktorsicherheit (BT-Drs. 12/7284), aufgrund dessen Erörterung die geltende Fassung des § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG beschlossen worden ist, führt zur Begründung des § 13 eingangs aus: "§ 13 enthält in Anlehnung an § 9 des Regierungsentwurfs die Regelung von Überlassungspflichten." Von einer generellen Abkehr von der Systematik des Regierungsentwurfes durch die Neuformulierung des § 13 KrW-/AbfG ist keine Rede. Im Gegenteil führt der Ausschuss aus: "Die Neuformulierung dient der Klarstellung des Gewollten".
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass dem Ausschussbericht zu entnehmen ist, "§ 13 erfordert eine Überlassung von Rückständen nur insoweit, als der Erzeuger oder Besitzer zur Verwertung oder Entsorgung selbst - auch unter Einschaltung eines Dritten (§ 16) - nicht in der Lage ist, die Aufgaben nicht von Verbänden oder Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft (§ 17, § 18) wahrgenommen werden oder keine Rücknahmepflicht von Herstellerin oder Vertreibern (§ 24) besteht", vermag das Gericht dem daraus gezogenen Schluss, § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei auch auf Abfälle aus privaten Haushaltungen anwendbar, nicht zu folgen. Zum einen macht diese Äußerung des Ausschusses auch Sinn, wenn sie nur auf die Übertragung der Entsorgungspflichten auf Dritte nach § 16 Abs. 2 und Abs. 3 KrW-/AbfG bezogen wird, die hier nicht einschlägig ist. Zum anderen wird deutlich, dass dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bei der Gestaltung des Wortlautes des § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz KrW-/AbfG die Eigenverwertung der Abfälle aus privaten Haushaltungen vor Augen gestanden hat, nicht aber deren Verwertung durch fremde Dritte. Denn der Ausschuss formuliert: "a) Abs. 1 Satz 1 ordnet Überlassungspflichten für Rückstände aus privaten Haushaltungen an. Ausnahmen bestehen bei Eigenverwertung von Sekundärrohstoffen (z.B. Eigenkompostierung oder Altkleiderspenden für die Caritas)."
3. Anders als das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin meinen, ist die Überlassungspflicht der Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen hinsichtlich der hier fraglichen Papier-, Pappe- und Kartonanteile (PPK-Abfälle) nicht nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG ausgeschlossen.
Auch wenn zu Gunsten der Antragstellerin angenommen wird, dass sie das Altpapier im Wege einer gewerblichen Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG einsammelt, stehen dieser Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen, die das angefochtene Verbot rechtfertigen. Denn der Begriff der öffentlichen Interessen im Sinne dieser Vorschrift ist nicht so eng auszulegen, wie das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin dies meinen (a). Es stehen öffentliche Interessen entgegen, die das Interesse der Antragstellerin an der Durchführung der gewerblichen Sammlung überwiegen (b).
a) Der Begriff des öffentlichen Interesses in § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG ist nicht einengend dahingehend auszulegen, dass nur die im Gesetz selbst angelegten öffentlichen Interessen Berücksichtigung finden können. Eine solche einengende Auslegung gibt der Wortlaut selbst nicht her. Ein Anhalt für eine derartige Einengung findet sich aus der Systematik der Vorschrift nicht. Auch die Entstehungsgeschichte gibt keinen Hinweis darauf, dass mit öffentlichen Interessen in § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG nur die im Gesetz selbst zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interessen gemeint sein könnten. Zwar dürfte es naheliegen, dass die öffentlichen Interessen, die in § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG Berücksichtigung finden können, nicht öffentliche Interessen jedweder Art sind, sondern nur solche damit gemeint sind, die sich aus den Zielen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ergeben oder sonst im Sachzusammenhang mit der Sammlung selbst stehen. Öffentliche Interessen, die die Art und Weise oder die Durchführung der Sammlung betreffen, sind grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Der Vergleich mit § 13 Abs. 3 Nr. 2 KrW-/AbfG, der für gemeinnützige Sammlungen keinen Vorbehalt entgegenstehender öffentlicher Interessen statuiert, legt es nah, dass sich gegenüber den gewerblichen Sammlungen, für die im Gegensatz zu den gemeinnützigen keine öffentlichen Interessen streiten, nicht nur auf das Abfallrecht beschränkte öffentliche Interessen durchsetzen können.
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass allein das Vorliegen entgegenstehender öffentlicher Interessen nicht ausreicht, um gewerbliche Sammlungen gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG für unzulässig zu erachten. Denn die Vorschrift erfordert "überwiegende" öffentliche Interessen. Darunter sind solche öffentlichen Interessen zu verstehen, die erhebliches Gewicht haben und darüber hinaus bei einer Abwägung gegenüber dem durch Art. 12 GG geschützten Interesse an der gewerblichen Sammlung überwiegen.
b) Ein überwiegendes Interesse vermag das Gericht allerdings noch nicht darin zu sehen, dass möglicherweise die Durchführung der Sammlung durch die Antragstellerin zu einer Erhöhung der Abfallgebühren in Höhe von 5,30 Euro pro Jahr und Haushalt führen könnte. Denn bei diesem Betrag handelt es sich nicht um einen solchen, der von signifikanter Größenordnung ist und damit die öffentlichen Interessen an verhältnismäßigen Kosten für die öffentliche Abfallentsorgung beeinträchtigen würde.
Auch der Umstand, dass die Beigeladene zwischenzeitlich nach eigenem Vortrag 4 Millionen Euro für die eigene Erfassung und Sammlung von PPK-Abfällen aus privaten Haushaltungen investiert hat und weitere 2,5 Millionen Euro Verbindlichkeiten eingegangen sein will, führt nicht zu der Annahme, dass diese Investitionen vollständig vergeblich sind und daher als öffentliches Interesse zu berücksichtigen. Denn selbst wenn die Antragstellerin die beabsichtigte Einsammlung von privaten PPK-Abfällen durchführen könnte, wäre die Beigeladene nicht gehindert, im Wettbewerb mit der Antragstellerin ihrerseits parallel dazu die Einsammlung und Verwertung zu betreiben und somit zumindest einen Gutteil ihrer Investitionen nutzbringend zu verwenden. Insofern kann offenbleiben, ob derartige finanzielle Interessen überhaupt zu den öffentlichen Interessen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zählen.
Des Weiteren führt der Umstand, dass der Abfallwirtschaftsplan eine höhere Erfassungsquote für private PPK-Abfälle anstrebt und zu diesem Zweck die flächendeckende Einführung der blauen Tonne durch die Beigeladene vorsieht, nicht dazu, dass die ebenso flächendeckende Einführung der blauen Tonne durch die Antragstellerin dieses Ziel hintertreibt. Denn abfallwirtschaftlich ist es gleichgültig, wer die Erfassung und Verwertung durchführt, solange dadurch das Ziel der höheren Erfassungsquote erreicht wird. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die von der Antragsstellerin durchgeführte Sammlung der Erreichung dieses Ziels entgegenstehen könnte. Denn es erscheint wenig wahrscheinlich, dass die Bürger bei einem multiplen Angebot von blauen Tonnen, erschreckt von der Vielzahl der Verwertungsmöglichkeiten, sich von der Verwertung von PPK-Abfällen komplett abwenden und diese zukünftig nur noch vermischt mit ihrem Restmüll entsorgen lassen. Dagegen spricht vor allem der Umstand, dass die Vermischung dieser Abfälle durch Erhöhung des Volumens der gebührenpflichtigen Entsorgungsabfälle potenziell geeignet ist, für den Abfallerzeuger und -besitzer höhere Kosten zu verursachen, als dies bei einer kostenlosen Verwertung durch blaue Tonnen der Fall ist.
Auch wenn grundsätzlich mit der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist, dass bei langfristig nicht kostendeckenden Erlösen für PPK-Abfälle die Antragstellerin die Sammlung wieder einstellen wird, ergeben sich daraus keine der Sammlung entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen. Denn es spricht nichts dafür, dass kurzfristige Erlösschwankungen trotz der nicht ganz geringen Aufwände und Investitionen die Antragstellerin veranlassen werden, kurzfristig und temporär ihre Sammlung einzustellen. Denn die Antragstellerin liefe dann Gefahr, dass die von der Beigeladenen in einem solchen Fall flächendeckend durchzuführende notfalls gebührenfinanzierte Verwertung von PPK-Abfällen dazu führt, dass die Antragstellerin bei einem Wiedereinstieg in die Sammlung erneut um die Mitwirkung der Bürger und deren Vertrauen in ihre Verlässlichkeit werben müsste. Stellt die Antragstellerin dagegen ihre Sammlungen langfristig ein, obliegt es ohnehin der Beigeladenen, die in privaten Haushaltungen anfallenden PPK-Abfälle zu entsorgen (§§ 13 Abs. 1 Satz 1, 15 KrW-/AbfG).
Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass die von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen befürchteten häuserkampfähnlichen Szenen bei der Aufstellung von blauen Tonnen zu einem vollständigen Verbot der Sammlung führen müssen. Um der Gefahr solcher Szenen entgegenzutreten, würde es ausreichen, das gegenüber der Antragstellerin ausgesprochene Verbot darauf zu beschränken, blaue Tonnen nicht ohne vorherige Bestellung durch die zur Aufstellung der Tonnen auf den privaten Grundstücken Berechtigten vorzunehmen. Der Verwechselung der Tonnen bei der Einsammlung des PPK-Abfalles durch die Sammelnden kann durch die eindeutige Kennzeichnung der blauen Tonnen unschwer begegnet werden. Einer Untersagungsverfügung bedarf es deshalb nicht. Soweit bei den Bürgern infolge unterschiedlicher Aufsteller von blauen Tonnen Verwechselungen der Abfuhrtermine und infolgedessen vermehrte Rückfragen und Reklamationen von der Beigeladenen beobachtet wurden, ist nicht erkennbar, dass derlei Unzuträglichkeiten sich nicht infolge des Lern- und Gewöhnungseffektes bei allen Beteiligten überwiegend erledigen werden. Es kann auch dahinstehen, ob derartige mit der Sammlung von PPK-Abfällen durch verschiedene gewerbliche Unternehmen verbundene Erschwernisse überhaupt öffentliche Interessen berühren. Jedenfalls sind sie nicht von solchem Gewicht, dass sie gegenüber dem Interesse der Antragstellerin überwiegen könnten.
c) Überwiegende öffentliche Interessen, die der beabsichtigten Sammlung der Antragstellerin entgegenstehen, ergeben sich aber daraus, dass durch die beabsichtigte Sammlung der Antragstellerin die Funktionsfähigkeit eines in Hamburg bestehenden flächendeckenden Systems zur regelmäßigen, haushaltsnahen Erfassung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton gemäß § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung bestandsgefährdend beeinträchtigt würde.
Wie die Beigeladene plausibel und von der Antragstellerin nicht in Abrede genommen dargelegt hat, führt die Erfassung von PPK-Abfällen mit Hilfe von blauen Tonnen bei privaten Haushaltungen notwendiger Weise dazu, dass damit auch die Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton, die bei den Verbrauchern anfallen, zumindest zu guten Teilen miterfasst werden. Es ist realitätsnah, wenn die Beigeladene ausführt, dass von den privaten Abfallerzeugern und -besitzern schwerlich erwartet werden kann, bei der Sammlung von PPK-Abfällen zu differenzieren zwischen solchen Abfällen, die nach dem Regelungsgefüge des § 6 Verpackungsverordnung der Rücknahme und Verwertungspflicht der Erzeuger unterliegen und solchen Abfällen, wie Zeitungen, die hierunter nicht fallen. Die Beigeladene hat hierzu, ohne dass dies von der Antragstellerin substantiiert in Abrede genommen worden ist, vorgetragen, dass ca. 25 % (nach dem Volumen) der aus privaten Haushaltungen gesammelten PPK-Abfälle aus Verkaufsverpackungen bestehen. Für deren Erfassung und Rücknahme verfügt die Antragstellerin weder selbst über eine Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung noch ist sie hiermit von einem in Hamburg festgestellten System beauftragt worden. Die Beigeladene hat hierzu unwidersprochen festgestellt, dass sie bis zum Ende des Jahres 2008 den Auftrag zur Erfassung und Verwertung der entsprechenden Verkaufsverpackungen vom Dualen System Deutschland (DSD) erhalten habe.
Die von der Antragstellerin beabsichtigte Sammlung gefährdet das in Hamburg bestehende Rücknahmesystem für vom Endverbraucher gebrauchte restentleerte Verkaufsverpackungen in existenzgefährdender Weise. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 der Verpackungsverordnung setzt die Anerkennung eines Systems voraus, dass der Systembetreiber nicht nur das Rücknahmesystem flächendeckend eingerichtet hat, sondern darüber hinaus auch, dass er die allgemeinen Anforderungen an Systeme nach § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung gemäß Anhang I zu § 6 der Verpackungsverordnung erfüllt. Danach müssen in überprüfbarer Form Nachweise über die erfassten und einer stofflichen und einer energetischen Verwertung zugeführten Mengen erbracht werden. Dabei ist in nachprüfbarer Weise darzustellen, welche Mengen in den einzelnen Ländern erfasst wurden (Nr. 3 Abs. 4 des Anhanges I zu § 6 der Verpackungsverordnung). Der Nachweis ist jeweils zum 1. Mai des darauf folgenden Jahres auf der Grundlage der nachgewiesenen Menge an Verpackungen, die in das System eingebracht sind, aufgeschlüsselt nach Verpackungsmaterialien zu erbringen. Die Erfüllung der Erfassungs- und Verwertungsanforderungen ist durch einen unabhängigen Sachverständigen nach Anhang I Nr. 2 Abs. 2 zu § 6 Abfallverordnung auf der Grundlage der Dokumentation zu bescheinigen. Die Bescheinigung ist vom Systembetreiber bei der nach § 32 Abs. 2 des Umweltauditgesetzes errichteten Stelle zu hinterlegen. Für den Fall, dass der anerkannte Systembetreiber die erforderlichen Nachweise nicht erbringen kann oder erbringt, kann die zuständige Behörde ihre Anerkennung widerrufen (§ 6 Abs. 4 Verpackungsverordnung). Die Vertreiber und Hersteller von Verpackungen sind dann verpflichtet, vom Endverbraucher gebrauchte restentleerte Verkaufsverpackungen am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurückzunehmen und einer Verwertung entsprechend den Anforderungen des Anhangs I der Verpackungsverordnung zuzuführen. Indem die Antragstellerin beabsichtigt, einen nicht unerheblichen Teil der in Hamburg anfallenden Verkaufsverpackungen mit ihren PPK-Sammlungen bei den Verbrauchern einzusammeln, wird dieser Anteil der Verbrauchsverpackungen der mengenmäßigen Erfassung für die Rückführungs- und Verwertungsquote, die der Systembetreiber gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen hat, entzogen. Da der Systembetreiber gemäß Nr. 1 des Anhanges I zu § 6 der Verpackungsverordnung verpflichtet ist, im Jahresmittel mindestens 70 % der in den Kreislauf eingespeisten Papier-, Pappe- und Kartonverpackungen in Masseprozent einer stofflichen Verwertung zuzuführen, ist der Nachweis hierüber nicht mehr zu führen, wenn ein signifikanter Teil der Verkaufsverpackungen unkontrolliert der Erfassung durch den Systembetreiber dadurch entzogen wird, dass die Antragstellerin die Verkaufsverpackungen bei den Endverbrauchern einsammelt.
Die von der Antragstellerin solchermaßen erfassten Verbrauchsverpackungen stellen auch keine zu vernachlässigende Größe dar. Wie die Beigeladene dargestellt hat, bestehen etwa 25 % der von ihr in blauen Tonnen erfassten PPK-Abfällen aus privaten Haushaltungen aus Verpackungen in Sinne der Verpackungsverordnung. Da PPK-Abfälle aus Privathaushalten nach dem derzeit gültigen Abfallwirtschaftsplan vom 16. Oktober 2007 nur zu 40 % über Depotcontainer und zu 7 % über Recyclinghöfe gesammelt werden, ist zu erwarten, dass bei einer flächendeckenden Einführung die blauen Tonnen in Hamburg mindestens ca. 50 % der PPK-Abfälle aus privaten Haushaltungen erfassen werden. Auch wenn die Antragstellerin angesichts der von der Beigeladenen ebenfalls beabsichtigten und betriebenen Aufstellung von blauen Tonnen nur ca. 50 % der damit erfassten PPK-Abfälle wird erfassen können, fehlen infolgedessen, da die Antragstellerin nicht in das Nachweissystem der Systembetreiber nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung einbezogen ist, die Nachweismöglichkeiten gegenüber der zuständigen Behörde, dass 70 % der Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton einer stofflichen Verwertung zugeführt werden.
Aufgrund dieses Umstandes droht der Widerruf der Feststellung der flächendeckenden Einrichtung eines Rücknahmesystems für Papier, Pappe und Karton für Hamburg. Damit ist die Funktionsfähigkeit dieses Systems nicht nur gefährdet, sondern für Hamburg auch grundlegend in Frage gestellt. Denn angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin mangels Beteiligung an dem System auch zukünftig nicht in die Erfassung einbezogen werden kann, steht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass das Rücknahmesystem in Hamburg für Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton die Anerkennung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 11 Verpackungsverordnung verlieren wird.
Die Sicherung des Rücknahme- und Kreislaufsystems der Verpackungsverordnung ist ein schwerwiegender öffentlicher Belang (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.3.2006, BVerwGE 125, 337), der der Durchführung der gewerblichen Sammlung durch die Antragstellerin entgegensteht. Auch bei Berücksichtigung der durch Art. 12 GG geschützten Erwerbsinteressen der Antragsstellerin überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des bestehenden flächendeckenden Systems die Rücknahme von Papier, Papp- und Kartonverpackungen in Hamburg. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass dem Interesse an der stofflichen Verwertung der Verkaufsverpackungen auch dadurch genügt wird, dass die Antragsgegnerin diese Verpackungen stofflich verwertet, ohne deren Menge zu erfassen. Denn Sinn der Verpackungsverordnung ist es gerade nicht, nur die stoffliche Verwertung von Verkaufsverpackungen zu befördern, sondern in erster Linie Verpackungsabfälle zu vermeiden (§ 1 Abs. 1 Verpackungsverordnung), was durch die Nachweispflicht einer hohen Rücknahmequote durch Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen besonders gefördert werden kann. Ohne einen Nachweis in überprüfbarer Form über die erfassten und die einer stofflichen und einer energetischen Verwertung zugeführten Mengen (Anlage I Ziff. 3. Abs. 4 Verpackungsverordnung) besteht die Gefahr, dass die abfallwirtschaftlichen Ziele von § 1 der Verpackungsverordnung nicht erreicht werden können. Das Erreichen dieser Ziele ist ein derart gewichtiges öffentliches Interesse, dass demgegenüber die Erwerbsinteressen der Antragstellerin zurückzutreten haben.
4. Europarechtliche Vorschriften dürften dem nicht entgegenstehen.
Es entspricht der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urt. v. 23.5.2000, NVwZ 2000, 1151), dass Art. 29 EG nationale Maßnahmen verbietet, die spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken und unterschiedliche Bedingungen für den Binnenhandel innerhalb eines Mitgliedsstaats und seinen Außenhandel schaffen, so dass die nationale Produktion oder der Binnenmarkt des betroffenen Staates einen besonderen Vorteil erlangt. Dazu steht die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin nicht im Gegensatz. Die Untersagungsverfügung ist keine spezifische Beschränkung der Ausfuhr von PPK-Abfällen. Die Maßnahme betrifft vielmehr die Gewinnung derartiger Abfälle durch Sammlung und hat damit Wirkung gleichermaßen für den Binnen- wie für den Ausfuhrhandel. Die Zulässigkeit einer Ausfuhr der erfassten PPK-Abfälle ist - anders als die Ausfuhr zur Verwertung bestimmter ungefährlicher Bauabfälle in der von dem EuGH entschiedenen Konstellation - durch die angefochtene Verfügung nicht in Frage gestellt. Die eingesammelten PPK-Abfälle können ausgeführt werden und für die Verwertung der Abfälle wird nach Angaben der Antragsgegnerin ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt. Eben deshalb befürchtet die Beigeladene, dass ihre "Tochtergesellschaft", die Wertstoff GmbH die entsprechenden Aufträge künftig verlieren wird. Ebenfalls anders als in der von dem EuGH entschiedenen Konstellation steht auch nicht die Möglichkeit der privaten Abfallerzeuger, nämlich der Haushalte, in Frage, ihre PPK-Abfälle unter Einschaltung von Zwischenhändlern auszuführen. Die privaten Haushalte haben kein wirtschaftliches Interesse an einer derartigen Exportmöglichkeit. Weder veräußern sie ihre Altpapierabfälle gegen Entgelt, noch bietet ihnen ein Zwischenhändler eine besonders preisgünstige Entsorgung an. Vielmehr sammeln sowohl die Beigeladene wie die Antragstellerin die Altpapierabfälle kostenlos ein.
Die Antragstellerin hat auch nicht dargetan, dass die Gewährung eines ausschließlichen Rechtes zur Erfassung von PPK-Abfällen aus privaten Haushalten zur Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Beigeladene durch die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte und damit zu einem Verstoß gegen Art. 82 EG führt. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich. Mit dem EuGH (Urt. v. 23.5.2000 a.a.O.) geht das Gericht davon aus, dass die Gewährung eines ausschließlichen Rechts für einen Teil des Staatsgebiets zur Verfolgung von Umweltzielen an sich keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung beinhaltet. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene ihre Stellung bei der Einsammlung häuslicher PPK-Abfälle missbraucht, sind weder erkennbar noch von der Antragstellerin vorgetragen.
B
Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Entscheidung. Denn es besteht die Gefahr, dass ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung und bei der Erfassung von PPK-Abfällen privater Haushalte mit Hilfe blauer Tonnen durch die Antragstellerin in erheblichem Maße und hinsichtlich des Umfanges nicht nachkontrollierbar Verkaufsverpackungen erfasst werden. Dadurch wird das in Hamburg bestehende System, flächendeckend Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton zu erfassen und einer Verwertung zuzuführen, in seiner Funktionsfähigkeit nicht nur gefährdet, sondern es besteht auch die konkrete Gefahr, dass es seine Funktion verliert. Da eine Nacherfassung der durch die Antragstellerin verwerteten Verkaufsverpackungen durch das zugelassene System nicht möglich ist und damit die erforderlichen Kontrollen im Nachhinein nicht mehr erfolgen können, droht der Verlust der Systemanerkennung für Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton in Hamburg, wenn der Widerspruch der Antragstellerin aufschiebende Wirkung hat. Dies widerspricht öffentlichen Interessen in besonderem Maße.
Auch die gebotene Abwägung der Interessen der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung der Untersagungsanordnung verschont zu werden, mit den öffentlichen Interessen, dass keine unumkehrbaren Fakten zu Lasten des bestehenden Systems gemäß § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung geschaffen werden, geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn während die Antragstellerin bei Obsiegen in der Hauptsache nicht gehindert ist, die in Aussicht genommene Einführung ihrer blauen Tonnen einschließlich der dann anschließenden haushaltsnahen Erfassung von privaten PPK-Abfällen ins Werk zu setzen, wäre die Anerkennung des Rücknahmesystems für Papier-, Pappe- und Kartonverpackungen unumkehrbar gefährdet oder aufzuheben. Ein solches Ergebnis würde in hohem Maße, wie oben ausgeführt, öffentlichen Interessen widersprechen.
C
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Antragsgegnerin hat das nach ihrer Meinung überwiegende öffentliche Interesse im Einzelnen dargelegt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene in erster Instanz keinen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), ihr insofern auch keinen Erstattungsanspruch für ihre außergerichtlichen Kosten zuzusprechen. Für das Verfahren in zweiter Instanz hat sie sich durch eine eigene Beschwerde an dem Verfahren mit vollem Kostenrisiko beteiligt. Daher entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren der Antragstellerin aufzuerlegen.
Der Streitwert bemisst sich gemäß § 53 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Durchführung der beabsichtigten Altpapiersammlung. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin sich durch den mit der Maßnahme zu erwartenden Gewinn definiert. Angesichts des Umstandes, dass die Beigeladene mit der Antragstellerin um die in Hamburg bei privaten Haushaltungen anfallenden PPK-Abfälle konkurriert, schätzt der Senat den zu erwartenden Jahresgewinn für die Antragstellerin auf ca. 200.000,-- Euro. Wegen der Vorläufigkeit der Eilentscheidung ist der darauf basierende Streitwert zu halbieren, so dass ein Streitwert von 100.000,-- Euro für beide Instanzen festzusetzen ist (§ 63 Abs. 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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